Forschungsprofil des Instituts für Anthropogene Stoffkreisläufe

 

Die Themen „Earth. Resources. Materials. Renewables.“ der Fakultät Georessourcen und Materialtechnik der RWTH Aachen stehen alle in Verbindung mit anthropogenen Stoffkreisläufen, die zukünftig zirkulär gestaltet werden müssen. Unser nationales System verharrt derzeit auf einem hohen Niveau von Ressourcennutzung und Abfallaufkommen, global sind nach wie vor ein exponentiell wachsender Rohstoffbedarf und ansteigende Abfallaufkommen zu beobachten.

Für die Transformation unseres bisherigen linearen Wirtschaftssystems zu einer nachhaltigen Industriegesellschaft müssen bisher als Abfall deklarierte Materialströme als Rohstoffe anerkannt und nutzbar gemacht werden. Die Nutzung von Abfallströmen als Rohstoffströme in einem ersten Schritt und im Weiteren die Weiterentwicklung und Umgestaltung von Produktsystemen zu kreislauffähigen Systemen sind der Kern einer Circular Economy (CE) und stellen die zentrale Ausrichtung der Professur für Anthropogene Stoffkreisläufe dar.

ANTS sucht und analysiert in Forschung und Lehre nach Lösungen und Methoden, um anthropogene Stoffströme kreislauffähig zu gestalten und damit ein Rohstoffmanagement auf Produkt- und Materialebene zu entwickeln sowie anhand von Praxisbeispielen zu demonstrieren und umzusetzen. Mit seiner bisherigen Expertise gehört das Institut zu den führenden Forschungseinrichtungen in Europa auf dem Gebiet der mechanischen und sensorgestützten Verarbeitungstechnik. Das ANTS verbindet die Modellierung und Bewertung von Verarbeitungs- und Recyclingprozessen mit Blick auf ganze Produktsysteme und Lebenszyklen im Sinne eines zirkulären Wirtschaftens und ergänzt diese Expertise durch technische Umsetzung und Demonstration.

Ausgangspunkt unserer Forschung sind anthropogene Stoffsysteme. Darunter verstehen wir Rohstoffe und Werkstoffe, die der Mensch bereits der Natur entnommen hat und die sich in Nutzung befinden (in der Technosphäre). Es handelt sich dabei meist um Werkstoff- bzw. Materialgemische, die ein Wertstoffpotential beinhalten und in der Regel als „Abfall“ gelten. Wir verfügen über langjährige Erfahrung bei der Probenahme und Analyse diverser Stoffströme an verschiedenen Positionen der Prozessketten und insbesondere in der mechanischen Aufbereitung. Bei der Untersuchung und Beurteilung von Stoffsystemen werden die Genese der Materialgemische und deren Einfluss auf die nachfolgende technische Prozesskette berücksichtigt.

Zur Umsetzung verfügt der Lehrstuhl über ein umfangreich ausgestattetes Technikum für die wichtigsten mechanischen Grundoperationen der Verfahrenstechnik. Versuchsaufbauten im Labormaßstab bis hin zu Pilotanlagen erlauben es, anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung durchzuführen. Der breite Erfahrungsschatz eines ingenieurwissenschaftlich und nach praxisnahen Gesichtspunkten ausgebildeten Mitarbeiterteams ist wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von innovativen Forschungsprojekten auf nationaler und europäischer Ebene.

Die Forschung am ANTS gliedert sich in die 3 Forschungsschwerpunkte:

  1. Aufbereitung und Sortierung
  2. Modellierung und Bewertung
  3. Zirkuläres Rohstoffmanagement
 

Aufbereitung & Sortierung

Piktogramm Aufbereitung & Sortierung © RWTH

Es werden Optimierungspotentiale von Aufbereitungs- und Recyclingprozessen untersucht und weiterentwickelt. Prozessketten werden sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in ihren einzelnen Prozessschritten detailliert untersucht. Ein besonderer Fokus liegt auf den Möglichkeiten, die eine sensorbasierte Sortierung und Prozesssteuerung ermöglicht. Mit angeschlossenen echtzeitfähigen Messsystemen zur Inline-Charakterisierung von Stoffströmen werden Bewertungsmöglichkeiten in die Prozessteuerung integriert.

           

Unsere Stärken sind:

  • Zugriff auf umfangreiche technische Ausstattung für Testkampagnen: Labor, Technikum, Messstände zur sensorgestützten Sortierung und Charakterisierung
  • Gesamtheitliche Beurteilung aufbereitungstechnischer Fragestellungen
  • Analyse von Verfahrensketten der mechanischen und sensoroptischen Aufbereitung
  • Tiefgehendes Verständnis komplexer mechanischer und biologischer Prozesse
  • Steuerung von Trennprozessen auf Basis relevanter Parameter wie z. B. des Volumens oder der qualitativen Zusammensetzung je Zeiteinheit
 

Modellierung & Bewertung

Piktogramm Aufbereitung & Sortierung © RWTH

Stoffkreisläufe werden auf der Prozess- und Produktebene in einem ganzheitlichen Kontext mit Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette von Produktsystemen betrachtet und bewertet. Potentiale für eine optimierte Kreislaufführung werden in Modellen und Szenarien analysiert und abgebildet. Ein besonderer Fokus liegt auf der ökologischen Bewertung, neben Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen.

Empirisch erhobene Daten werden mit Prozessdaten aus kommerziellen Datenbanken oder Literaturwerten kombiniert und in mathematische Modelle überführt. Als Alleinstellungsmerkmal wird, aufbauend auf vorhandenen Datensätzen und neu zu generierenden Daten, eine institutseigene Datenbank entwickelt.

Es wird im Wesentlichen die Methodik der Ökobilanz (LCA) verwendet und weiterentwickelt sowie für die Messung von Zirkularität notwendige Indikatoren. Je nach Fragestellung werden auch andere Methoden eingesetzt.

 

Unsere Stärken:

  • Technisch-wirtschaftliche Analysen: Stoffstromanalysen, Machbarkeitsstudien
  • Effizienzbewertung von Recyclingprozessen: Energie, Ressourcen, Ökonomie
  • Life Cycle Assessment (LCA) / Ökobilanzielle Bewertungen von Prozessen und Produktsystemen
  • Analyse von Optimierungspotentialen
  • Kombination von ökologischer & ökonomischer Indikatoren mit inline-Prozessteuerung

Nutzung der institutseigenen, anwendungsorientierten Datenbasis/Datenbank

 

Zirkuläres Rohstoffmanagement

Piktogramm Zirkuläres Rohstoffmanagement © RWTH

Entsprechend den Zielsetzungen einer „Circular Economy“ werden notwendige Änderungen für die Entwicklung der bestehenden Kreislaufwirtschaft hin zu einer zirkulären Rohstoffwirtschaft untersucht. Dafür sind die Rollen aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette mit in die Betrachtung einzubeziehen, so dass ganzheitlich und integriert gedachte Rückgewinnungs- bzw. Kreislaufsysteme entwickelt und getestet werden können. Bisher liegt eine starke Trennung von Produktentwicklung sowie -nutzung und den End-of-Life Prozessen vor. Ziel dieses Schwerpunkts ist es, diese Trennung zu überwinden und den End-of-Life von Anfang an mit zu denken.

 

Unsere Stärken:

  • Ganzheitliche Analyse von Produktsystemen und deren Einbettung ins wirtschaftliche Umfeld
  • Verknüpfung technischer, ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte
  • Analyse der Genese von Stoffströmen
  • Einbindung Akteure und Informationsvermittlung über institutseigene Datenbank (befindet sich im Aufbau)
  • Vertiefte Kenntnisse der Strukturen in der Abfall- und Recyclingwirtschaft sowie der angelagerten produzierenden Industrie
  • Enge Zusammenarbeit mit allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette